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"Computational Linguistics for the New Millennium:
Divergence or Synergy?"

(English Version)

Das Fach Computerlinguistik hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Die Forschungsaktivitäten sind in beeindruckender Weise angestiegen und es ist ein Markt für Produkte der sogenannten Sprachtechnologie entstanden. Damit einher geht ein breites Interesse am Studiengang Computerlinguistik, was die schnell anwachsende Zahl von Studierenden nachhaltig belegt. Doch ist mit dieser quantitativen Aussage auch etwas über die Qualität dieser Entwicklungen und unserer Disziplin gesagt?

Sicher, in den einzelnen Gebieten wie z.B. Syntax, Semantik und Pragmatik werden neue und tiefere Einsichten und Erkenntnisse gewonnen. Doch es bleibt zu fragen, ob gleichzeitig auch der Versuch unternommen wird, Brücken zwischen diesen Einzeldisziplinen zu schlagen, um umfassendere Theorien herauszubilden. Oft finden sich selbst innerhalb einzelner Bereiche wie z.B. der Syntax konkurierrende Theorien, die lediglich darauf abzielen, ein spezielles Problem auf elegantere Weise zu lösen. Und das um den Preis, das Rad gewissermassen neu zu erfinden. Sollten statt dessen die Forschungsbemühungen nicht eher gebündelt werden, um mehr Effektivität zu erzielen?

Auf der anderen Seite werden Forschungsprojekte, dem aktuellen Trend folgend, durch die aktuellen Förderungsprogramme und Förderungsschwerpunkte oft zu mehr Anwendungsorientierung gedrängt. Kann auf diese Weise die Synergie zwischen Theorie und Praxis wirklich befördert werden? Oft sind beide Seiten, Praktiker und Wissenschaftler, von dieser Art der Zusammenarbeit enttäuscht. Die Folge sind Sprachtechnologieprodukte, die nur wenig computerlinguistische Erkenntnisse wirklich umsetzen. Doch wer ist daran schuld: der Praktiker, der im Rahmen seiner Vorgaben ein wohldefiniertes Produkt zu entwickeln hat, oder der Wissenschaftler, der tiefere Einsichten in ein theoretisches Problem gewinnen will?

Es gibt jedoch auch Anzeichen für Synergie zu beobachten. So hat sich etwa im Bereich der Grammatiktheorie eine Präferenz für sogenannte merkmalsbasierte Ansätze herausgebildet und in der Semantik bilden Logikformalismen die Grundlage fast jeder Theorie. Auch wird die empirische Evaluierung neuer Ansätze mittlerweile als notwendige Ergänzung der Theoriebildung allgemein akzeptiert.

Doch wie weit gehen diese Synergieeffekte wirklich?

Es gilt noch einen weiteren wichtigen Aspekt zu berücksichtigen: das Curriculum. Durch die Art und Inhalte unserer Lehre sind wir für die nächste Generation von Forschern und Praktikern verantwortlich. Doch der Blick an die Universitäten ist ernüchternd: fast jeder Computerlinguistiklehrstuhl scheint seine eigene Art der Computerlinguistik zu unterrichten, die oft massgeblich durch die Forschungsinteressen seiner Lehrkräfte bestimmt wird. Dies gilt um so mehr im internationalen Vergleich, was die Mobilität und letztendlich auch die Arbeitsplatzchancen unserer Studierenden stark einschränkt. Ist es nicht Zeit für ein internationales Curriculum der Computerlinguistik, basierend auf den Ansätzen, die in solchen Symposien erarbeitet werden?